Über die Kölsche Vikinger-Brücke beim Craft Beer Festival Cologne
Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet. Getreu des sechsten Paragraphen des Kölschen Grundgesetztes trinkt der Kölner sein Kölsch. Der Kölner Brauerei-Verband schätzt den aktuellen Marktanteil von Kölsch im Kölner Stadtgebiet auf 80% in der Gastronomie und über 50% im Handel. Dass die Zahlen nicht noch höher sind, liegt auch daran, dass die Kölner ihrem Kölsch zwar treu bleiben, bisweilen aber auch offener geworden sind zwischendurch mal was Neues auszuprobieren.
Und auch die Kölner Brauereien zeigen sich durchaus experimentierfreudig. In den letzten fünf Jahren hat Gaffel mit seinem „Sommerbier“ SonnenHopfen erfolgreich ein Pale Ale auf dem Kölner Markt etabliert und deshalb überrascht es auch nicht, dass die Kölschbrauer ebenfalls auf dem ersten Craft Beer Festival Cologne vertreten sind. In gewisser Weise bilden sie für alle Neulinge sogar eine Brücke in die Welt des Craft Beers. Physikalisch, weil der Gaffel-Stand einer der Ersten ist, an dem die Besucher bei Betreten der Halle vorbeikommen. Brautechnisch, weil die Porzer Braumeister ihr, mit den dänischen Craft Beer Spezialisten Mikkeller gebrautes, Viking Kölsch mitgebracht haben. Es ist das erste Mal, dass die Kölner Öffentlichkeit die Neuschöpfung probieren darf. Eine echte Festival Premiere.
Neben Viking Kölsch können Bierfreunde sich über gut 350 verschiedene Biere von 60 Brauereien aus halb Europa freuen. Dabei reichen die Kreationen vom klassisch hopfigen IPA, über das Schokobär, ein Stout, das durch die gerösteten Malze eine deutliche Schokoladennote aufweist, bis zu Fruchtbieren, denen im Brauprozess frische Früchte hinzugefügt wurden.
Auch Manu von den brewSistas aus Kalk reizt diese Experimentierfreude. Ihr Royal IPA enthält Honig. Und nicht nur irgendeinen Honig, erzählt sie. Die Sistas imkern selbst, die eigenen Bienenschwärme stehen im Garten von Sünner. Ob die fleißigen Bienchen sich dort nach Feierabend das ein oder andere Kölsch genehmigen, kann Manu allerdings nicht sagen, doch für einen Schluck vom Royal IPA müssten sie bloß ein paar hundert Meter weiterfliegen. Regulär im Einzelhandel erhältlich ist ihr Bier auf der Schäl Sick zwar nicht, bei den Lichtspielen Kalk kann man das Honigbier zusammen mit einem guten Film genießen. „Ach, und bei der Marktschwärmerei sind wir jetzt auch dabei“, fügt Manu hinzu.
Trotz des guten Wetters ist es voll in der Mülheimer Stadthalle. Die Menschen tummeln sich zwischen den Ständen, nippen an ihren Biergläsern und fachsimpeln in entspannter Atmosphäre über Malze und Brautechniken. Dabei ist das Festival keineswegs eine Fachveranstaltung. Den anwesenden Braumeistern merkt man an, dass sie für ihr Handwerk brennen, und sie erklären auch den anwesenden Neulingen gerne immer wieder aufs Neue die Besonderheiten ihrer Biere und beantworten Fragen.
Im Außenbereich hat die Festival Crew rund um Initiator und Biersommelier Michael Busemann Biertische und Bänke aufgebaut. Eine Gruppe junger Festivalbesucher diskutiert hier gerade die am nächsten Tag stattfindende Europawahl. „Habt ihr das Europa IPA gesehen?“ fragt Lara in die Runde. Gemeint ist das Élysée 63 der Mikrobrauerei Heinenhof. Das IPA ist mit deutschem und französischem Hopfen gebraut und dem 1963 von Adenauer und de Gaulle unterzeichneten deutsch-französischen Freundschaftsvertrag gewidmet. „Mega Idee“, stimmt der Rest der Gruppe zu und hat damit auch gleich schon den nächsten Stand als Ziel festgelegt. Vorher werden allerdings noch die vom Team der Fetten Kuh gefertigten Burger aufgegessen.
Zurück in der Halle treffen wir auf Stefan, der gerade sein Bier für die App Untapped fotografiert. Eine Art soziales Netzwerk, in dem die Nutzer ihre getrunkenen Biere festhalten und bewerten können, erklärt er uns. Eigentlich hätte er früher immer dasselbe Bier derselben Marke getrunken, aber durch die App sei der Anreiz gekommen Neues zu probieren. Mittlerweile habe er bestimmt schon über 100 Biere probiert (und in seiner App gesammelt) und plane mit zwei Freunden gerade ein eigenes Bier zu brauen. Allerdings nur für den Eigenbedarf und um im nächsten Jahr bei den ganzen Fachgesprächen mitreden zu können, fügt er lachend hinzu.
Der Konsens unter den Festivalbesuchern ist eindeutig. Das Festival ist eine schöne Möglichkeit, in toller Atmosphäre mal ein wenig über den Rand des Kölschglases hinauszublicken bzw. sich mit anderen Bierliebhabern und Braumeistern über die vielfältige Welt des „flüssigen Brots“ auszutauschen. Dem können wir uns nur anschließen und wir hoffen auf eine Fortsetzung auf der Schäl Sick im nächsten Jahr.